Deutschland hat schon manchen heißen Herbst erlebt. Fernfahrer haben Autobahnen blockiert, Studenten Unis lahm gelegt, Bauern Misthaufen vor den Parlamenten abgeladen. Zuletzt sah man Ärzte eher in Fußgängerzonen als in Kliniken.


So verschieden Forderungen und Aktionen auch waren, eines hatten sie gemeinsam: Öffentliche Aufmerksamkeit und – folgerichtig – ein medienwirksames Kümmern der Politik. Die Brummifahrer wurden von Strauß besucht, Bauernaktivisten empfing man im Ministerien, mit Studenten diskutierte man im öffentlichen Rundfunk und zur Arbeitsüberlastung von Ärzten hat sich wohl jeder Befragte Volksvertreter mindestens verständnisvoll geäußert. Unvergessen auch Kanzler Schröders spektakuläre, wenn auch wenig nachhaltige Holzmann-Rettungsaktion als Arbeiter hungerstreikten.


Max Reinhardt, dem Unterschichtler, fällt eine weitere Gemeinsamkeit auf: Keiner der protestierenden Gruppen ging es auch nur annähernd so schlecht wie ihm und seines gleichen. Keine Frage, die Forderungen mögen berechtigt gewesen sein. Auch der Unterschichtler möchte nicht von einem Arzt in der fünfundsiebzigsten Dienststunde operiert werden. Und Max Reinhardt hat Verständnis, dass niemand seinen Wohlstand gemindert sehen möchte.


Warum nur, so fragt er sich, ist eine Besitzstandswahrung für Apotheker, Ärzte oder Kohlekumpel so viel stärker in der Diskussion als die Verelendung von ihm und seinesgleichen? Könnte es daran liegen, dass man selbst  viel zu stille hält? Wie wäre es, wenn man mal das ein oder andere JobCenter besetzte? Gemeinsam natürlich. Brennende Tonnen, gefüttert mit Ablehnungs- und Einschränkungsbescheiden, an denen sich Dauerarbeitslose samt ihrer Kindern die Hände wärmen. Das würde sicher gerne gefilmt...

 

JANA M.

 
 

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