Manches versteht man einfach nicht. Zum Beispiel dies: Als kürzlich die FES* eine Sozialstudie über Deutschland veröffentlichte, wurde darin schamvoll und politisch korrekt von ‚Prekariat‘ gesprochen. Pre-ka-WAS? - Der SPD-Vorsitzende Beck wagte, ein deutsches Wort zu verwenden: Unterschicht. Aha.
Es gibt also in einem der reichsten Länder der Erde eine wachsende Unterschicht. Eine steigende Zahl von Kindern, die in Armut leben. Vererbte Arbeitslosigkeit. Menschen ohne Lebensperspektive, weil sie keine Chance mehr haben - oder noch nie eine hatten. Und das werden immer mehr. Das kann man verstehen. Und man kann oder muss sich darüber empören.
Seltsam nur, dass dies nicht geschah. Stattdessen wurde das Wort gegeißelt. „Un-ter-schicht“, igitt-igitt-igitt, das sagt man doch nicht. Es scheint, als ob nicht der gesellschaftliche Zustand, sondern seine Benennung der anstößig seien. Gleichzeitig setzte bei den von den Medien fleißig Interviewten ein absonderlicher Wettlauf ein, Gründe zu finden, warum man selbst nicht zur Unterschicht gehöre. So leugnet der Betroffne gerade das Problem, unter dem er leidet und an dessen Benennung und Beachtung er doch Interesse haben müsste.
Natürlich hat das alles Gründe. Und Folgen. Wirft weitere Fragen auf. Darum geht es hier. Und zwar aus der Perspektive des Unterschichtlers.